Was ist eine Eileiterschwangerschaft?
Normalerweise wandert die befruchtete Eizelle entlang der Eileiter in Richtung Gebärmutter, wo sie sich festsetzt und bis zur Geburt entwickelt. Wird dieser Transport gestört, verbleibt die Eizelle stattdessen in anderen Abschnitten, wie dem Eierstock, der Bauchhöhle oder der Schleimhaut des Eileiters (Tube). Findet die Schwangerschaft somit außerhalb der Gebärmutter statt, verwenden Mediziner den Begriff Extrauteringravidität oder ektope Schwangerschaft.
In 98 Prozent aller Extrauteringraviditäten handelt es sich um eine Eileiterschwangerschaft (Tubargravidität).1 Sie ist ein medizinischer Notfall, denn: Unentdeckt beziehungsweise unbehandelt kann es zu einer Ruptur, das heißt zum Reißen des Eileiters kommen. Infolgedessen treten lebensbedrohliche Blutungen innerhalb des Bauchraums auf.
Ursachen dieser Form der ektopen Schwangerschaft
Es vergehen drei bis fünf Tage, bis die befruchtete Eizelle ihren Weg vom Eileiter in die Gebärmutter zurückgelegt hat.2 Verzögert sich der Transport der befruchteten Eizelle, beispielsweise
- aufgrund einer verminderten Eileitermuskeltätigkeit oder
- Hindernissen im Eileiter wie sackförmige Einstülpungen,
ist die Eizelle bereit für die Einnistung, bevor sie es in die Gebärmutterhöhle geschafft hat und verbleibt im Eileiter.
Beispiele für Veränderungen und strukturelle Barrieren, welche die Durchgängigkeit des Eileiters einschränken, sowie weitere begünstigende Faktoren für eine Eileiterschwangerschaft sind
- Verklebungen bei Schäden der Eileitermuskulatur, die durch Entzündungen von Eileiter, Eierstock und umliegendem Gewebe (Adnexitiden) entstanden sind,
- Komplikationen mit der Spirale als Verhütungsmittel,
- Vernarbungen, beispielsweise nach einer Endometriose, einer Wucherung von gebärmutterschleim-ähnlichem Gewebe außerhalb der Gebärmutter,
- angeborene, extrem lange Eileiter,
- bakteriell hervorgerufene Eileiterentzündungen sowie
- zu wenige frei bewegliche Zellfortsätze (Zilien) im Eileiter, die die befruchtete Eizelle zur Gebärmutter schieben.
Aber auch die weiblichen Geschlechtshormone Gestagen und Östrogen scheinen eine Rolle zu spielen. Ein Hormonungleichgewicht kann dazu führen, dass die Eizelle länger im Eileiter bleibt, als üblich. Darüber hinaus erhöht eine vorausgegangene Eileiterschwangerschaft das Risiko um fast 20 Prozent, erneut eine solche zu erleiden. Hat die Frau bereits mehrere durchlebt, steigt das Risiko um mehr als das doppelte.3
Anzeichen einer Eileiterschwangerschaft
Bei vielen Frauen verläuft eine bestehende ektope Schwangerschaft unbemerkt. Da im Eileiter nicht genug Platz ist für die Eizelle und diese dort auch nicht ausreichend Nährstoffe erhält, sorgt in vielen Fällen die Natur dafür, dass der Embryo frühzeitig abstirbt und mit der Regelblutung ausgeschieden wird. In der Medizin spricht man von einem sogenannten stummen Verlauf.
Treten Symptome auf, hängt dies davon ab, wo im Eileiter sich die befruchtete Zelle eingenistet hat:
- im weiten Abschnitt (ampulläre Tubargravidität): wehenartige Unterleibsschmerzen, die langsam stärker werden, vaginale Schmierblutungen
- im mittleren, engen Teilstück (isthmische Tubargravidität): Schmerzen im Unterleib, die akut einsetzen und von starker Intensität sind, Übelkeit, erhöhte Körpertemperatur, massive Blutungen durch zerrissenen Eileiter (bedingt durch zunehmendes Wachstum der Eizelle), Kreislaufzusammenbruch aufgrund des Blutverlusts (hämorrhagischer Schock) möglich
- am Übergang von Eileiter zur Gebärmutter (interstitielle Tubargravidität): Symptomatik identisch mit der der isthmischen Form
Die Beschwerden richten sich auch danach, wie akut die Situation ist und treten in der sechsten bis neunten Schwangerschaftswoche auf.4
So stellt der Arzt eine Eileiterschwangerschaft fest
Auch bei einer Eileiterschwangerschaft ist das Schwangerschaftshormon Humanes Choriongonadotropin (hCG) im Körper nachweisbar. Während bei einer gesunden Schwangerschaft der hCG-Wert rasch ansteigt und sich alle 48 Stunden verdoppelt5, ist der Wert bei einer ektopen Schwangerschaft niedriger, als er für die Dauer der bestehenden Schwangerschaft eigentlich sein sollte.
Der Blutwert kann nach einem Anstieg sogar unverändert bleiben oder absinken. Wiederholte Messungen des hCG-Wertes sowie eine gynäkologische Untersuchung der Gebärmutter (Abtasten) und des Unterleibs sind somit ein erster Anhaltspunkt, ob eine Fehleinnistung stattgefunden hat oder nicht.
Um eine zuverlässige Diagnose stellen zu können, führt der Arzt außerdem einen transvaginalen (durch die Scheide) Ultraschall durch. Liegt eine ektope Schwangerschaft – im speziellen eine Eileiterschwangerschaft – vor, ist per Ultraschall eine leere Gebärmutterhöhle sowie eine Verdickung des Eileiters oder Flüssigkeit im tiefsten Punkt des Bauchraumes, dem sogenannten Douglas-Raum, zu sehen.
Als sicherste Diagnosemethode gilt die Bauchspiegelung (Laparoskopie). Unter Vollnarkose wird durch den Bauchnabel ein Endoskop (Gerät mit Kamera) in die Bauchhöhle eingeführt. Über das Endoskop ist nicht nur die Diagnosestellung möglich, sondern auch die Entfernung des Schwangerschaftsgewebes. Denn: Überlebensfähig ist eine Eileiterschwangerschaft nicht.
Extrauteringravidität: Ab wann gibt es „Entwarnung“?
Dass sicher keine Extrauteringravidität vorliegt, kann der Arzt in der Regel spätestens ab der siebten Schwangerschaftswoche sagen, wenn der Ultraschall einen Embryo und eine Fruchtblase, in der sich das Baby entwickelt, in der Gebärmutter zeigt.6
Bei einer Eileiterschwangerschaft sofort handeln
Eingeleitet werden muss eine zeitnahe Behandlung in jedem Fall. Die Behandlungsstrategie ist jedoch von mehreren Faktoren abhängig, in erster Linie davon, wie akut die Situation ist. Bei einem Eileiterriss (Ruptur) und einem Kreislaufschock ist sofort eine Laparotomie einzuleiten, bei der die Bauchhöhle sowohl der Eileiter operativ geöffnet und das Schwangerschaftsgewebe entnommen wird.
Gegebenenfalls ist es sogar notwendig, den betroffenen Eileiter zu entfernen, wenn dieser zum Beispiel sehr stark geschädigt ist oder es sich bereits um eine wiederholte Tubargravidität in demselben Eileiter handelt. Bei einem unversehrten verbleibenden Eileiter ist die Frau weiterhin zeugungsfähig.
Diese Aspekte sind bei der Wahl der Behandlung bei einer Eileiterschwangerschaft ebenfalls zu berücksichtigen:
- psychische Verfassung der Frau
- ob künftig Kinderwunsch besteht oder die Familienplanung abgeschlossen ist
- wie stark der Eileiter durch die Fehleinnistung geschädigt wurde
- wie weit die Schwangerschaft fortgeschritten ist
Neben dem Standardverfahren der operativen Entfernung unter Vollnarkose gibt es die Möglichkeit, das Medikament Methotrexat zu verabreichen, welches einen Abgang auslöst. Diese Option beziehen Ärzte in ihre Überlegungen mit ein, wenn beispielsweise die Eileiterschwangerschaft bisher symptomfrei oder -arm verlaufen ist und es keine Blutbildauffälligkeiten in Bezug auf Leber und Niere gibt.
Die medikamentöse Therapie ist entweder als Alternative zur OP anzusehen oder sie wird angewendet, wenn trotz Operation Schwangerschaftsgewebe im Körper ist, welches dann durch das Medikament entfernt werden soll. Leidet die Frau nicht unter Beschwerden und sinken die hCG-Werte, kann bei engmaschiger ärztlicher Kontrolle in seltenen Fällen auch abgewartet werden, ob die Eileiterschwangerschaft von selbst abgeht.
Kann die befruchtete Eizelle nicht einfach aus dem Eileiter in die Gebärmutter verpflanzt werden?
Leider sind die medizinischen Erkenntnisse noch nicht so weit fortgeschritten, um dies möglich zu machen.
Psychische Belastung bei einer Eileiterschwangerschaft
Zu erfahren, dass man schwanger ist, aber das Baby nicht bekommen kann, nimmt viele Frauen, die die Diagnose ektope Schwangerschaft erhalten haben, emotional stark mit. Denn nur, weil die Schwangerschaft sehr kurze Zeit bestanden hat, heißt das nicht, dass die Frau weniger oder kürzer trauert.
Belastend kann die Situation vor allem dann sein, wenn bereits der zweite Eileiter entfernt werden musste oder sich die Betroffene mit Fragen und Ängsten wie „Wird eine künftige Schwangerschaft auch so verlaufen?“ quält. Frauen können Hilfsangebote wie die Trauerverarbeitung bei der Klinikseelsorge oder sozialen Diensten nutzen. Als erleichternd werden auch offene Gespräche mit dem Partner und der Austausch mit Paaren, die dasselbe erlebt haben, empfunden.