Reizmagen-Behandlung bei Kindern: Die Krankheit anerkennen


Eines der größten Probleme im Zusammenhang mit funktioneller Dyspepsie (Reizmagen) ist das Fehlen einer klar diagnostizierbaren, organischen Ursache. Gerade wenn es sich bei den Patienten um Kinder handelt, ist die Gefahr groß, dass die Beschwerden nicht ernst genommen werden. „Er hat doch nichts, das ist nur psychisch“ – solche Aussagen sind dann keine Seltenheit.

Doch sie erhöhen den Leidensdruck des Patienten und können sogar zu einer Verschlimmerung der Symptome führen. Hat Ihr Kind die Diagnose Reizmagen erhalten, ist der erste wichtige Schritt der Behandlung die Anerkennung des Leidens. Eltern sollten sich dazu die folgenden Punkte bewusst machen:

  • Die Beschwerden meines Kindes sind nicht eingebildet. Die Tatsache, dass die Ursachen für die Erkrankung mithilfe der heutigen Untersuchungsmethoden nur schwer festzustellen sind, bedeutet nicht, dass es keine Krankheit gibt.
  • Reizmagen verläuft chronisch fluktuierend. Das bedeutet, dass die Symptome der Erkrankung über einen langen Zeitraum immer wiederkehren und sich beschwerdefreie Phasen mit Krankheitsphasen abwechseln.
  • Die Erkrankung ist (zumindest nicht ausschließlich) psychisch bedingt. Dass die Krankheitsphasen häufig in psychischen Belastungssituationen auftreten, lässt sich durch die enge Verknüpfung des Nerven- und Verdauungssystems erklären.

Eine wichtige Rolle spielt außerdem die Aufklärung darüber, wie es zu den Symptomen kommt. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt ausführlich erläutern, was über die Ursachen von Reizmagen bekannt ist und vermitteln Sie dieses Wissen auch Ihrem Kind.

Ein Kind, das verstanden hat, dass sein Bauch empfindlicher ist und es Schmerzen früher fühlt als seine Spielkameraden, ist weniger verunsichert. Allein die daraus resultierenden positiven Auswirkungen auf die Psyche des Kindes können eine Besserung der Beschwerden bewirken.

Reizmagen bei Kindern: Behandlung durch Medikamente?


Grundsätzlich sind die Möglichkeiten einer medikamentösen Therapie bei Patienten mit funktionellen Bauchschmerzen eingeschränkt. Eine Heilung der Erkrankung ist dadurch nicht zu erreichen und selbst bei der Symptombekämpfung sind viele Mittel kaum wirksamer als Placebos (Scheinarzneimittel). Vor allem bei Kindern kommen Medikamente deshalb nur in Ausnahmefällen bei der Behandlung des Reizmagens zum Einsatz. Verwendung finden unter anderem:

  • Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) und H2-Rezeptor-Antagonisten: Diese beiden Arten von Medikamenten reduzieren die Säurebildung im Magen und werden typischerweise zur Linderung von Sodbrennen und saurem Aufstoßen eingenommen. Zwar gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Produktion von saurem Magensaft bei Betroffenen verändert ist, doch der Verdauungstrakt von Patienten mit funktioneller Dyspepsie reagiert oft überempfindlich auf Säurereize.
  • Gastroprokinetika: Der Grund für die Anwendung dieses Arzneimitteltyps ist, dass bei einem Teil der Reizmagen Patienten eine Motilitätsstörung (Störungen der Muskelbewegungen im Magen-Darm-Trakt) und eine verzögerte Magenentleerung vorliegt. Prokinetika bewirken eine verbesserte Magenbewegung.
  • Entschäumer: Gasansammlungen im Magen-Darm-Trakt können bei Patienten mit dem Reizmagensyndrom besonders schnell Völlegefühl und Schmerzen verursachen. Entschäumende Mittel sind in der Lage, die feinen Schaumbläschen im Verdauungstrakt aufzulösen.
  • Antidepressiva: Diese Medikamente zeigen besonders bei Patienten mit starken Schmerzen und psychischer Beeinträchtigung eine Wirksamkeit. Allerdings ist unklar, ob diese auf der Beeinflussung der Schmerzempfindung oder der Psyche beruht.

Zur Behandlung von Reizmagen bei Kindern werden die genannten Medikamente nur selten eingesetzt. Pflanzliche Präparate (Phytotherapeutika), die beispielsweise Pfefferminz- und Kümmelöl enthalten, wirken krampflösend und gelten als gut verträgliche Alternative für Kinder und Jugendliche bei akuten Beschwerden wie Bauchschmerzen und Völlegefühl.

Reizmagen bei Kindern: Behandlung durch Diät?


Einige Lebensmittel standen lange Zeit in Verdacht, funktionelle Dyspepsie zu begünstigen, darunter beispielsweise:

  • laktosehaltige Nahrungsmittel (Milchprodukte)
  • fettreiche Lebensmittel
  • kohlensäurehaltige Getränke
  • scharfe Gewürze

Wissenschaftliche Untersuchungen haben jedoch keinen Zusammenhang zwischen dem Verzicht auf bestimmte Nahrungsmittel wie beispielsweise Milchprodukte und der Verbesserung von Beschwerden nachweisen können. Experten empfehlen deshalb keine spezielle Diät zur Behandlung von Reizmagen bei Kindern. Eltern sollten lediglich auf eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung achten.

Ein Tipp: Leidet Ihr Kind häufig ohne erkennbaren Grund unter Verdauungsbeschwerden, ist es sinnvoll, ein Ernährungstagebuch zu führen. So können Sie feststellen, ob die Beschwerden verstärkt nach dem Verzehr bestimmter Lebensmittel auftreten. Sollte das der Fall sein, ist womöglich eine Nahrungsmittelunverträglichkeit für die Symptome verantwortlich – kein Reizmagen.
Lassen Sie das vom Arzt überprüfen.

Was können die Eltern tun?


Emotionale Belastung gehört gerade in jungen Jahren zu den häufigsten Auslösern von Reizmagen-Symptomen. Ein Trauerfall in der Familie kann ein ursächliches Ereignis darstellen, ebenso wie die Trennung der Eltern oder Stress in der Schule.

Es ist deshalb wichtig, dass Sie mit Ihrem Kind über solche Faktoren sprechen und versuchen, Konfliktsituationen zu beseitigen. Sportliche Betätigung kann eine gute Möglichkeit sein, einen Ausgleich zu schaffen und Stress abzubauen. Achten Sie schließlich außerdem darauf, dass Ihr Kind ausreichend schläft und sich ausgewogen ernährt.

Psychologische Unterstützung stellt einen entscheidenden Bestandteil der Behandlung von Reizmagen dar – insbesondere bei Kindern. Wenden Sie sich zunächst an einen Facharzt (Spezialist für Magen-Darm-Erkrankungen), der mit dem Leiden vertraut ist.

Dieser wird Ihnen Beratungsstellen empfehlen und gegebenenfalls dabei helfen, einen geeigneten Psychologen zu finden. Therapeutische Maßnahmen, die sich in der Vergangenheit zur Behandlung von Reizmagen bei Kindern als hilfreich erwiesen haben, sind:

  • kognitive Verhaltenstherapie: Das Ziel dieser Therapieform besteht darin, herauszufinden, ob es gewisse Verhaltensweisen gibt, die im Bezug auf die Krankheit schädlich sind und die Symptome noch verstärken (Beispielsweise können sich betroffene Kinder aufgrund der Krankheit zurückziehen, wodurch sich die psychische Belastung weiter verstärkt). Im nächsten Schritt soll das Kind mithilfe eines Psychotherapeuten erlernen, diese Handlungen zu umgehen.
  • bauchbezogene Hypnose: Diese Therapietechnik beruht auf den Selbstheilungskräften unseres Körpers, die unter Hypnose unterbewusst angesteuert werden. Dadurch soll sich im Verlauf von mehreren Therapiesitzungen der Magen-Darm-Trakt entspannen, beruhigen und die Schmerzwahrnehmung reduziert werden.
  • Autogenes Training: Hierbei handelt es sich um eine Entspannungstechnik, die vor allem zur Bewältigung von Stress eingesetzt wird. Das Kind erlernt dabei, den eigenen Organismus bewusster wahrzunehmen und auf einzelne Reaktionen des Körpers Einfluss zu nehmen. Beispielsweise lässt sich durch diese Technik der Herzschlag bewusst beruhigen und Verdauungsbeschwerden lindern.

Auch das Verhalten der Eltern hat Einfluss auf den Krankheitsverlauf. Es ist wichtig, die Beschwerden des Kindes ernst zu nehmen und Einfühlungsvermögen zu zeigen. Allerdings sollten die Eltern nicht überfürsorglich auftreten. Schenken Sie der Erkrankung nicht zu viel Aufmerksamkeit. Versuchen Sie stattdessen, Ihr Kind von den Schmerzen abzulenken. Das wirkt sich positiv auf die Beschwerden aus.

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Quellen anzeigen
  • 1Bufler, Philip/Groß, Martina/Uhlig, Holm H.: „Chronische Bauchschmerzen bei Kindern und Jugendlichen.“ In: Deutsches Ärzteblatt. Nr. 17. 29. April 2011. S. 301.