Ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren als Ursache von Neurodermitis bei Babys


Auch wenn sie mittlerweile eine der häufigsten chronischen Erkrankungen unter Babys und Kindern ist, gelingt es Medizinern bis heute nicht, das Geheimnis der Neurodermitis zu lüften und die genaue Ursache zu bestimmen. Die Experten tappen aber nicht völlig im Dunkeln: Faktoren, die die Entstehung der Erkrankung begünstigen und Krankheitsschübe auslösen können, stehen weitestgehend fest. Die Hauptrollen spielen laut aktueller Erkenntnisse:

  • eine geschädigte Hautbarriere,
  • die genetische Veranlagung und
  • ein anfälliges Immunsystem.

Ebenso können auch Umwelteinflüsse (wie trockene Wärme oder Kälte sowie Pollen und Staub) Ursache für Neurodermitis bei Babys sein.

Wissenswert:

Bei 85 Prozent der Kinder oder Babys, welche an Neurodermitis leiden, beginnt die Erkrankung bereits zwischen dem zweiten und vierten Lebensmonat. Auch wenn die Symptome bis zum vierten Lebensjahr deutlich nachlassen, haben viele noch im Erwachsenenalter eine problematische Haut.1

Erbliche Veranlagung kann Neurodermitis verursachen


Die genetische Veranlagung spielt als Ursache von Neurodermitis bei Babys eine entscheidende Rolle. Leiden beide Elternteile unter Neurodermitis, ist mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent auch der Nachwuchs betroffen.2 Genauso steigt das Risiko für Kinder an Neurodermitis zu erkranken, wenn die Eltern Heuschnupfen oder Asthma haben. Man nennt diese Veranlagung für Überempfindlichkeitsreaktionen des Immunsystems Atopie.3 Das bedeutet, dass jeder, der Neurodermitis hat, auch von Atopie betroffen ist. Daher spricht man auch von „atopischer Dermatitis“ oder „atopischem Ekzem“.

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Welche Rolle spielt das Immunsystem als Ursache von Neurodermitis bei Babys?


Welche Rolle spielt das Immunsystem als Ursache von Neurodermitis bei Babys?

Das Immunsystem ist zuständig für die Abwehr von Substanzen, die den Körper schädigen können. Gelangen körperfremde Stoffe wie Krankheitserreger über die Haut, Schleimhäute oder Atemwege in den Körper, schlägt es Alarm und startet gegebenenfalls eine Abwehrreaktion. Bei Babys und generell Menschen, die eine Veranlagung zu Atopie haben, reagiert das Immunsystem teilweise übertrieben heftig auf eigentlich harmlose Substanzen wie:

  • Schweiß,
  • Tierhaare,
  • Pollen und Staub oder
  • Bestandteile in Nahrungsmitteln (wie Konservierungsmittel).

Als Schutzmaßnahme löst das Immunsystem eine Entzündungsreaktion aus, die zu juckenden Hautekzemen einer Neurodermitis oder anderen Symptomen einer Allergie führen kann. Vor allem Entzündungen lassen sich jedoch gezielt mit einer Behandlung, zum Beispiel mit entzündungshemmenden Medikamenten, die den Wirkstoff Antihistaminika enthalten, eindämmen.

Neurodermitis bei Babys: Eine gestörte Barrierefunktion der Haut kann die Ursache sein


Ebenfalls genetisch bedingt ist die Veranlagung zu empfindlicher, trockener Haut sowie der Hang zu einer erhöhten Ekzembereitschaft. Dies steht in Verbindung mit einer gestörten Hautbarriere. Doch welche Beziehung gibt es zwischen der Gesundheit der Hautbarriere und der Krankheit Neurodermitis? Der Aufbau unserer Hautbarriere lässt sich gut mit einer Mauer vergleichen:

  • Den geschichteten Hornhautzellen kommt die Funktion von Ziegelsteinen in einer Mauer gleich.
  • Zwischen diesen befinden sich verschiedene Hornfette, die eine ähnliche Aufgabe wie Mörtel haben: Sie halten die Hautzellen, so wie bei der Mauer der Mörtel, zusammen.

Bei einer gesunden Haut verhindert die Mauer das Eindringen von Krankheitserregern, schädlichen Umweltsubstanzen oder Allergenen und schützt gleichzeitig vor einem Feuchtigkeitsverlust.

Fehlen der Hautbarriere erblich bedingt unter anderem feuchthaltende Faktoren und Hornfette, ist die Zellmauer durchlässig; das kann bei Babys eine Ursache von Neurodermitis sein. Denn so können Fremdkörper leichter eindringen und die Haut verliert schnell Feuchtigkeit. Das führt einerseits zu sehr trockener und andererseits zu empfindlicher Haut bei Betroffenen.

Ist unsere moderne Lebensweise eine der Ursachen für Neurodermitis bei Babys?


Seit einigen Jahren nimmt vor allem in Industrieländern die Anzahl der Babys, die an Neurodermitis erkranken, kontinuierlich zu. Wenn man die leichten Formen miteinbezieht, sind in etwa 15 Prozent aller Kinder in den Industrieländern betroffen. Ursache dafür ist, so vermuten Wissenschaftler, unter anderem unser moderner Lebensstil, bei dem Hygiene einen zentralen Stellenwert einnimmt, sowie veränderte Umweltbedingungen.4 Vor allem eine übertrieben saubere, möglichst keimfreie Umgebung hat zur Folge, dass das Immunsystem der Babys nicht ausreichend trainiert wird. Keime sind nämlich nicht immer gefährlich, sondern teilweise sogar notwendig, damit sich das Immunsystem richtig entwickeln kann. Da wir heutzutage – ob wir wollen oder nicht – keimärmer leben, weil andere Hygienestandards herrschen als noch vor einigen Jahrzehnten, reagiert unsere Haut (unter anderem aufgrund von schwächeren Abwehrkräften) viel schneller auf harmlose Substanzen mit Entzündungen und Rötungen.

Die Rolle von äußeren Faktoren als Ursache von Neurodermitis bei Babys


Wenn eine genetische Veranlagung vorliegt, dann können eine Vielzahl von Umweltfaktoren einen Neurodermitis-Schub auslösen:

  • Allergene: Babys und Kleinkinder reagieren besonders häufig auf Ei, Milch, Nüsse, Fische und Schokolade. Aber auch eine Reaktion auf Pollen, Tierhaare und Hausstaubmilben ist typisch. Sind die Allergene identifiziert, schützt das konsequente Vermeiden dieser zwar nicht vor einer Erkrankung an Neurodermitis, aber die Häufigkeit von Schüben kann deutlich verringert werden.
  • Reizstoffe: Wenn die Haut mit Schweiß, rauer Kleidung, Wolle, bestimmten Kosmetika, Waschmitteln oder Tabakrauch in Berührung kommt, kann das bei Babys ebenfalls Neurodermitis auslösen.
  • Klima: Extreme Temperaturen, trockene Heizungs- oder Klimaanlagenluft sowie eine geringe Luftfeuchtigkeit können zu einem Fett- und Feuchtigkeitsverlust der Haut führen und damit bei Babys Ursache für Neurodermitis sein.
  • Nahrungsmittel: Zitrusfrüchte, Tomaten, scharfe Lebensmittel oder Nüsse können ebenfalls sogenannte Trigger (Auslöser) sein.

Bei chronischen Erkrankungen spielt auch die Psyche eine nicht unerhebliche Rolle – so können Faktoren wie Stress und Aufregung ebenfalls Ursache für das Auftreten von Neurodermitis bei Kindern und Babys sein und den Juckreiz verstärken. Dazu führen können beispielsweise zu viele Aktivitäten am Nachmittag oder ein hektisches Umfeld.

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Quellen anzeigen
  • 1Renz-Polster, Herbert/ Menche, Nicole/ Schäffler, Arne: Gesundheit für Kinder. Kinderkrankheiten verhüten, erkennen, behandeln. München: Kösel-Verlag 2013, S.382.
  • 2Fritsch, Peter: Dermatologie und Venerologie für das Studium. Mit 505 farbigen Abbildungen und 113 Tabellen. Heidelberg: Springer Medizin Verlag 2009, S. 102.
  • 3Deutsche Haut- und Allergiehilfe E.V.: Neurodermitis. http://www.dha-neurodermitis.de/neurodermitis.html - Stand 17.01.2018
  • 4Renz-Polster, Herbert/ Menche, Nicole/ Schäffler, Arne: Gesundheit für Kinder. Kinderkrankheiten verhüten, erkennen, behandeln. München: Kösel-Verlag 2013, S.382.