Bereit fürs Töpfchen? Anzeichen des Trockenwerdens


Wann ein Kind bereit ist, auf die Windel zu verzichten, ist individuell verschieden und hängt unter anderem von der körperlichen Reife und dem eigenen Interesse am Toilettengang ab. Viele Eltern fragen sich, wann der richtige Moment für die Sauberkeitserziehung ist, zumal es oft heißt, dass Kinder früher bereits mit einem Jahr windelfrei waren. Diese Vorstellung stammt jedoch aus einer Zeit, in der andere Erziehungsansätze und -routinen vorherrschten. Vielmehr vollzieht sich das Trockenwerden über einen Zeitraum, der von Kind zu Kind variiert und in der Regel im Laufe des fünften Lebensjahres abgeschlossen ist.1 

Spannend!

Kinder sind bereit, sauber und trocken zu werden, sobald sie ihre Darm- und Blasenentleerung bewusst wahrnehmen. Diese Eigenwahrnehmung entwickelt sich in der Regel zwischen dem 18. und 48. Lebensmonat.1 Jedes zweite Kind wird im Laufe des dritten Lebensjahres tagsüber sauber und trocken, weitere vier von zehn Kindern schaffen dies im Verlauf des vierten Lebensjahres. Die nächtliche Blasenkontrolle entwickelt sich etwas langsamer: Im Alter von 5 Jahren nässen nachts noch etwa 10 % der Jungen und 5 % der Mädchen gelegentlich ein.1

Doch woran erkennen Eltern, dass ihr Kind bereit ist, auf die Toilette oder das Töpfchen zu gehen? Folgende Anzeichen können helfen: 

  • Längere Trockenphasen: Die Windel bleibt über mehrere Stunden trocken, zum Beispiel nach dem Mittagsschlaf. 
  • Wahrnehmung der Ausscheidungen: Das Kind merkt, wenn es in die Windel gemacht hat und zeigt dies durch Sprache, Gesten oder Unwohlsein. 
  • Vorherige Ankündigung: Manche Kinder kündigen sich an, bevor sie „müssen“ oder suchen sich einen ruhigen Ort für das große Geschäft. 
  • Interesse an der Toilette: Sie beobachten Erwachsene oder ältere Geschwister beim Gang zur Toilette und wollen es ihnen gleichtun. 
  • Unbehagen mit der Windel: Das Kind zieht nasse Windeln aus oder lehnt sie ab. 
  • Selbstständigkeit: Es kann die Hose selbst hoch- und runterziehen, was für den Toilettengang wichtig ist. 

Diese Signale zeigen, dass das Kind über die körperlichen und kognitiven Voraussetzungen verfügt, um trocken zu werden. Aber auch wenn die Signale vorhanden sind, sollte der Übergang nicht erzwungen werden. Jedes Kind hat sein eigenes Tempo. Geduld und eine positive, unterstützende Haltung helfen am meisten. 

Unterstützung: Wie Eltern ihr Kind beim Trockenwerden begleiten können


Der Übergang von der Windel zur Toilette ist ein natürlicher Entwicklungsschritt, den Eltern mit Geduld und Einfühlungsvermögen begleiten sollten. Es ist wichtig, das Kind zu ermutigen, ohne es unter Druck zu setzen. Zwang oder starre Regeln können den Prozess des Trockenwerden erschweren. Hilfreicher sind eine spielerische Herangehensweise und eine entspannte Atmosphäre. 

  • Rituale und Routine schaffen: Kinder profitieren von festen Abläufen. Regelmäßige Toilettengänge, zum Beispiel nach dem Aufstehen oder vor dem Schlafengehen, können helfen, eine Gewohnheit zu etablieren. Eltern sollten ihr Kind dabei unterstützen, aber nicht drängen. 
  • Vorbild sein und Interesse wecken: Kinder lernen durch Nachahmung. Wenn sie ihre Eltern oder ältere Geschwister auf der Toilette beobachten können, verstehen sie schneller, wozu die Toilette dient. Auch Bücher oder kindgerechte Erklärungen können helfen, das Interesse zu wecken. 
  • Geduld und Gelassenheit bewahren: Es ist ganz normal, dass es Rückschläge gibt. Ein nasses Höschen sollte kein Grund für Strafen oder negatives Feedback sein. Stattdessen sollten die Eltern ruhig bleiben und das Kind liebevoll ermutigen. Positive Verstärkung, beispielsweise Lob, wenn das Töpfchen oder die Toilette benutzt wird, kann den Lernprozess unterstützen. 
  • Signale des Kindes beachten: Nicht jedes Kind wird zur gleichen Zeit trocken, und das ist völlig normal. Wenn es noch kein Interesse zeigt oder sich gegen den Toilettengang wehrt, ist es vielleicht noch nicht so weit. Druck oder übermäßiges Üben können dann kontraproduktiv sein. 
  • Abstimmung mit Kita bzw. Kindergarten: Wenn das Kind tagsüber eine Betreuungseinrichtung besucht, ist eine Absprache mit den Erziehern sinnvoll. So können Routinen beibehalten und das Kind einheitlich unterstützt werden. 
  • Hilfsmittel anbieten: Ein eigenes Töpfchen oder ein spezieller Toilettenaufsatz können Kindern den Toilettengang erleichtern und für mehr Sicherheit und Selbstvertrauen sorgen. Auch ein zusätzlicher Matratzenschutz für die Nacht kann helfen, das Kind in dieser Übergangszeit zu unterstützen. 

Mit Geduld, Verständnis und der richtigen Unterstützung gelingt das Trockenwerden meist ganz von selbst – jedes Kind in seinem eigenen Tempo.

Tipp: Der Sommer als ideale Zeit für das Trockenwerden

Der Sommer bietet ideale Bedingungen, um den Übergang von der Windel zur Toilette spielerisch zu begleiten. Leichte Kleidung erleichtert das schnelle Ausziehen, wenn es nötig wird. Besonders hilfreich ist es, das Kind im Garten oder zu Hause eine Zeit lang ohne Windel herumlaufen zu lassen. Viele Kinder sind anfangs überrascht, wenn sie spüren, dass Flüssigkeit aus ihrem Körper kommt. So nehmen sie bewusster wahr, wann der Harndrang einsetzt – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Sauberkeit. Ein bereitgestelltes Töpfchen sorgt dafür, dass kleine Erfolge direkt möglich sind – ganz ohne Druck und in entspannter Atmosphäre.

Töpfchentraining: Kann das Trockenwerden gezielt trainiert werden?


Bis in die 1970er Jahre begann die Sauberkeitserziehung oft sehr früh. Bereits im ersten Lebensjahr setzten die Eltern ihre Kinder regelmäßig aufs Töpfchen – oft nach einem festen Zeitplan oder direkt nach den Mahlzeiten, unabhängig davon, ob tatsächlich Harndrang bestand. 

Die Zürcher Longitudinalstudien zeigen, dass dieses Vorgehen keinen Einfluss darauf hatte, wann Kinder tatsächlich trocken wurden. Trotz des frühen Beginns entwickelte sich die Kontrolle über Blase und Darm nicht schneller, sondern entsprach dem individuellen Reifungsprozess jedes Kindes.2 Dennoch war die Überzeugung weit verbreitet, dass konsequentes Training zu schnellerer Sauberkeit führe. Tatsächlich führte dies aber häufig dazu, dass die Kinder weniger selbstständig auf ihre Körperfunktionen achteten und stattdessen auf äußere Reize (zum Beispiel das regelmäßige „Abhalten“) reagierten.2 Zudem entwickelt sich die Eigeninitiative zum Trockenwerden bei Kindern erst nach dem 12 Monat. Nach den Zürcher Longitudinalstudien sind mit 24 Monaten 60 % der Mädchen und rund 40 % der Jungen bereit, trocken zu werden.2

Grafik zur Entwicklung der Eigeninitiative zum Trockenwerden bei Mädchen und Jungen im Alter von 12 bis 48 Monaten. Mädchen entwickeln sich schneller als Jungen. Mit 48 Monaten sind in der Regel alle Kinder so weit, dass sie die Eigeninitiative zum Trockenwerden erreicht haben.

Eine Alternative ist das "windelfreie" Aufwachsen, auch bekannt als „Abhalten“. Dabei orientieren sich die Eltern an den natürlichen Ausscheidungssignalen ihres Babys und halten es bei Bedarf über ein Töpfchen oder die Toilette. Diese Methode erfordert viel Aufmerksamkeit und Konsequenz und ist in einigen Kulturen fest verankert. Im westlichen Alltag kann sie jedoch eine Herausforderung darstellen und ist dadurch nicht für jede Familie praktikabel.

Werden windelfreie Kinder schneller trocken?

Kleinkinder, die ohne Windel aufwachsen, entwickeln oft früher ein Bewusstsein für ihre Ausscheidungen, da sie von Anfang an direkte Rückmeldung über ihren Körper erhalten. Studien zeigen, dass Kinder, die vor dem 12. Lebensmonat windelfrei erzogen werden, im Alter von 2 Jahren eine bessere Blasenkontrolle haben (rund 71 % gegenüber rund 43 % bei Kindern, die mit Windeln erzogen werden).3 Doch das endgültige Trockenwerden hängt – wie bei allen Kindern – von der individuellen Reifung ab.4 Windelfrei kann das Körpergefühl stärken, beschleunigt den Prozess aber nicht zwangsläufig.

Rückschläge gehören beim Trockenwerden dazu


Auch wenn ein Kind erste Fortschritte macht, sind Rückschläge ganz normal. Der Weg von den ersten Versuchen auf dem Töpfchen bis zur vollständigen Kontrolle über Blase und Darm braucht Zeit und Geduld. Vor allem das nächtliche Trockenwerden benötigt oft länger und entwickelt sich in einem eigenen Tempo. Der gesamte Prozess dauert in der Regel mehrere Monate, manchmal bis zu einem Jahr und verläuft nicht immer geradlinig. Deshalb gibt es neben Erfolgen auch immer wieder Rückschritte. Entscheidend ist eine einfühlsame Begleitung ohne Druck, da negative Reaktionen den Fortschritt eher behindern als fördern. 

Zudem gibt es noch weitere Ursachen, warum Kinder plötzlich wieder einnässen:5 

  • Ablenkung durch Spiel und Aktivitäten: Manchmal sind Kinder so in ihr Spiel vertieft, dass sie alles um sich herum vergessen – auch ihren eigenen Körper. So kann es passieren, dass sie körperliche Signale übersehen oder zu spät darauf reagieren. 
  • Veränderungen und Stress: Ein Umzug, die Geburt eines Geschwisterchens oder der Start in der Kita – solche Ereignisse bringen große Veränderungen mit sich und können Verunsicherung oder emotionalen Stress auslösen. Auch alltägliche Belastungen, wie Streit in der Familie oder ein ungewohnter Tagesablauf, können sich auf das Trockenwerden auswirken und vorübergehend zu Rückschritten führen. 
  • Toilettenverweigerungssyndrom: Manche Kinder interessieren sich für das Töpfchen, bestehen aber darauf, beim Stuhlgang eine Windel zu tragen. Dieses Verhalten tritt häufig nach schmerzhaftem Stuhlgang oder Verstopfung auf, kann aber auch durch Druck oder negative Erfahrungen verstärkt werden.6 In den meisten Fällen ist das Toilettenverweigerungssyndrom vorübergehend. Geduld, spielerische Ermutigung und die Behandlung einer möglichen Verstopfung helfen, die Hemmschwelle zu senken. 
  • Medizinische Ursachen: Wenn ein Kind plötzlich wieder einnässt, kann dies auch körperliche Ursachen haben. Verschwindet das Problem nicht nach einiger Zeit von selbst, empfiehlt sich ein Besuch beim Kinderarzt. So können beispielsweise Harnwegsinfekte, eine Schilddrüsenfunktionsstörung oder Erkrankungen wie Diabetes mellitus, die zu vermehrtem Harndrang führen können, ausgeschlossen werden.

Wenn das Trockenwerden nicht klappt: Wann zum Arzt?


Gelegentliche Rückschläge sind ein normaler Teil des Trockenwerdens. In manchen Fällen kann jedoch eine ärztliche Abklärung sinnvoll sein:7 

  • Wenn ein Kind im sechsten Lebensjahr weiterhin regelmäßig einnässt, obwohl es selbst auf die Windel verzichten und trocken sein möchte. 
  • Wenn das wiederholte Einnässen für das Kind belastend ist oder es dadurch gehänselt wird. 
  • Wenn die Situation für die Eltern zur starken emotionalen Belastung wird und Unterstützung erforderlich ist. 
  • Wenn das Kind nach einer langen trockenen Phase über mehrere Wochen hinweg plötzlich wiederholt einnässt

In diesen Fällen kann eine Kinderärztin oder ein Kinderarzt helfen, mögliche körperliche oder seelische Ursachen zu erkennen und geeignete Unterstützung anzubieten.

Häufig gestellte Fragen zum Trockenwerden bei Kindern


In welchem Alter sollten Kinder trocken sein?

Es gibt keinen festen Zeitpunkt, da der Reifungsprozess individuell verläuft. Kleinkinder sind bereit, sobald sie ihre Darm- und Blasenentleerung bewusst wahrnehmen. Die meisten werden zwischen dem 3. und 5. Lebensjahr tagsüber trocken.

Wie lange dauert es, bis ein Kind trocken ist?

Dieser Prozess läuft von Kind zu Kind unterschiedlich schnell ab. Oft dauert es mehrere Monate bis zu einem Jahr. Während die meisten Kinder zwischen dem 3. und 5. Lebensjahr tagsüber trocken sind, entwickelt sich die nächtliche Kontrolle oft langsamer.

Wie können Eltern ihr Kind beim Trockenwerden unterstützen?

Eltern helfen am besten durch geduldiges, einfühlsames Begleiten ohne Druck. Hilfreich sind regelmäßige Rituale, spielerisches Heranführen, positives Feedback bei Erfolg und das Vormachen des Toilettengangs durch Erwachsene oder ältere Geschwister. Auch Hilfsmittel wie ein kindergerechter Toilettenaufsatz können nützlich sein.

Ist ein gezieltes Töpfchentraining sinnvoll?

Während früher ein intensives Training empfohlen wurde, weiß man heute, dass Kinder dadurch nicht schneller die Blasenkontrolle erlangen. Entscheidend ist die körperliche Reife des Kleinkindes. Ein sanftes, spielerisches Heranführen ist effektiver und weniger belastend.

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Susanne Wolf Schon seit Kindheitstagen sind Schreiben und das Internet wichtige Bestandteile im Leben von Susanne Wolf. So erstellte sie ihren ersten Blog mit zwölf und konzentrierte sich später im Studium vor allem auf digitales Publizieren. Da sie selber jedes Zipperlein erst einmal googelt, weiß sie, wie wichtig gut recherchierte und gleichzeitig verständliche Artikel im Internet sind. Susanne Wolf Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
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